Yellowstone Tag 2
26. August 2019
In der Nacht war es überraschend kalt. Uns hat es jedenfalls etwas überrascht. Die amerikanischen Decken bestehen ja nur aus einem Laken unter welches man kriecht und die Überdecke in dem Bungalow wollten wir nicht benutzen. Morgens waren wir dann sogar leicht im Minusbereich, so dass ich die Heizung im Bungalow aktivieren musste. Es wurde dann aber schnell wärmer und nach dem Frühstück ging es wieder los in den Yellowstone National Park. Von unserer Unterkunft bis zum Parkeingang waren nur ca. 15 Minuten zu fahren. Von dort dauert es dann aber locker eine halbe Stunde bis man bei den ersten "Attraktionen" ankommt. Der Himmel war wie erhofft strahlend blau und wie sich zeigte hatte die Kälte auch einen Vorteil, denn die heissen Pools dampften am Morgen viel stärker als am Vortag.
Unser erstes Ziel war der "Grand Prismatic Spring", der wohl schönste weil farbenfrohste Pool des Parks. Am Vortag haben wir ihn ja nicht mehr angeschaut, weil er mit Sonne viel schöner aussieht. Obwohl wir relativ früh dran waren, war der Parkplatz schon ziemlich voll, doch ich habe unseren Tahoe in eine Lücke gequetscht. Beim Aussteigen meinte dann ein Ami zu mir, dass seien "great driving skills" gewesen. Naja so schwierig wars dann auch wieder nicht mit Rückfahrkamera. Inzwischen war es wieder angenehm warm geworden.
Dann machten wir uns mit vielen anderen auf zum Grand Prismatic. Nur ein kurzer Fussweg und wir waren da. Ein bisschen enttäuschend war der Anblick allerdings, da wir relativ weit weg standen und nicht auf den Pool sahen. So konnte man die schönen Farben nur erahnen, aber nicht richtig sehen. Dann entdeckten wir aber durch den Rauch hindurch hinten am Berg eine Plattform mit relativ vielen Menschen und uns wurde klar, dass man nur von dort den richtigen Blick hat.
Also wieder ins Auto und ab zum nächsten Parkplatz. Hier gab es noch genug Platz. Die Wanderung zur Aussichtsplattform war mit einer Meile angegeben, oneway! Aber das lohnt sich wirklich. Von der Plattform war die Sicht auf den Pool toll und auch der Rauch verzog sich dank des leichten Winds immer mal wieder. So konnten wir den Grand Prismatic doch noch in voller Schönheit geniessen. Wir hatten ihn ja schon auf vielen Fotos gesehen, aber live ist dieser tolle Pool noch beeindruckender. Diese viele Farben!
Danach ging es weiter in Richtung "Norris Geyser Basin", das heisst es ging die Strasse wieder zurück die wir gekommen waren. Inzwischen war es schon nach 11 und wir waren froh, dass wir so früh dran waren, denn auf der anderen Strassenseite in Richtung Grand Prismatic hatte sich schon eine lange Autoschlange gebildet. Entweder waren die Parkplätze jetzt völlig überfüllt oder es standen Tiere auf der Fahrbahn. Wir hielten noch bei den Gibbon Falls an, die ich dann allerdings zugunsten eines Powernaps ausfallen liess.
Beim Norris Geyser Basin war der Parkplatz inzwischen auch schon überfüllt, aber es gab zum Glück einen "Overflow" Parkplatz, von dem aus es nur ein paar Meter mehr waren. Im Norris Becken gibt es verschiedene Loops die man gehen kann. Wir entschieden uns für den Loop im Porcelain Basin und für die kurze Runde des Back Basin. Alles in allem nochmal gut 3 km vom Parkplatz und zurück. Der Weg war jedoch sehr schön und wir konnten immer wieder andere Pools und kleine Geysire bestaunen.
Es wird wirklich nie langweilig diese komplett andere Welt zu bestaunen. Jeder Pool und geysir ist anders. Manche kochen vor sich hin und spucken dann plötzlich zwei, drei kleine Wasserfontänen aus und beruhigen sich sofort wieder, andere blubbern gleichmässig oder liegen einfah scheinbar ganz ruhig da.
Nachdem wir das Norris Basin durchwandert hatten, ging es weiter in Richtung Canyon Village. Ein bisschen Verpflegung und shoppen im Souvenierladen. Wie gefährlich Bären sind und wie wahrscheinlich eine Begegnung mit ihnen ist, sah man daran, dass Wanderern dringend empfohlen wird nicht ohne Bärenaberwehrspray loszulaufen. Das Spray kann man kaufen (60$) oder ausleihen. Viele rannten mit diesem Spray am Gürtel herum. Da wir nicht in die Wildnis wollten, konnten wir darauf verzichten.
Auf den Stegen und normalen Wegen waren auch immer genug Leute unterwegs. Hier sind dann auch relativ viele chinesische Reisegruppen anzutreffen. In den anderen National Parks hatten wir sie nicht gesehen. Hier waren sie aber omnipräsent. Immerhin arbeiten sie brav die Sehenswürdigkeiten ab. Nur in Gruppen sind sie etwas nervig. Während die allein mit dem Auto reisenden Chinesen sehr nett sind, heben sich einige aus dem Bus dadurch ab, dass sie rücksichtslos nach vorne drängeln oder sich einfach auf den Platz stellen, den man grade fotografieren wollte. Naja sollen sie ruhig, die Amis machen dass durch ihre Höflichkeit und Zuvorkommenheit wieder wett. Nur diese Mundschutz Sache verstehe ich nicht. Im Yellowstone Park auf über 2000 m Höhe ist die beste Luft die man sich vorstellen kann. Warum man dann bei 25 Grad eine 2 Meilen Runde mit Mundschutz machen muss bleibt mir ein Rätsel. Auch warum ein Reiseleiter mit hoch erhobener Fahne auf einen Steg marschiert, der nur hin und zurück führt. Da kann keiner falsch laufen, in einer Richtung gehts zum Geysir in der anderen zum Bus, für was brauchen die dann die Fahne? Wahrscheinlich ist es beruhigend wenn die einfach da ist.
Vom Canyon Village war es nur ein kurzes Stück bis zum Grand Canyon, dem des Yellowstone NP. Hier sind zwei sehr schöne Wasserfälle zu bestaunen, die man auch nach nur wenigen Metern direkt vom Parkplatz aus erreicht.
Lower Falls
Upper Falls
Jetzt wollten wir uns der zweiten Attraktion des Nationalparks widmen, den Tieren. Da man diese aber am besten in der Abenddämmerung und auf dem Ostteil der 8 sieht hatten wir noch etwas Zeit und fuhren langsam in Richtung des Yellowstone Lake zum mondänen Lake Hotel. Das war das erste Hotel im Yellowstone NP. Auf unserer Wunschliste stand natürlich der Bär ganz oben. Elch und Büffel hatten wir schon gesehen, aber über eine erneute Beobachtung würden wir uns ganz sicher nicht beschweren. Ausserdem wären Wolf, Weisskopfseeadler und vielleicht ein paar wilde Pferde ganz nett. Chipmunks hatten wir ja schon jede Menge gesehen. Diese kleinen herzigen Streifenhörnchen huschen einem ständig über den Weg, sind aber recht scheu. Einige liessen sich aber fotografieren.
Auf dem Weg zum Yellowstone Lake richteten sich unsere Augen immer wieder in die Weite und suchten die Umgebung nach Tieren ab. Immer wieder sahen wir Büffel in einiger Entfernung. Wenn am Strassenrand Autos parkten und mindestens zwei Menschen in die gleiche Richtung schauten hielten wir an. Meist waren es Büffel die sie entdeckt hatten.Bei einem kleine Stopp entdeckte dann Vivien durch Zufall einen Weisskopfseeadler der grade in einem Baum gut 200m entfernt gelandet war. Wir konnten ihn durch den Fotoapparat sehr gut erkennen. Lustig war, wie anderen anhielten und angestrengt nach dem suchten was wir da entdeckt hatten. Aber den kleinen Adler konnten sie im Baum nicht finden, wenn sie nach Bär oder Büffel suchten. Wir halfen aber natürlich gerne und klärten sie auf.
Eine andere Touristin machte uns dann noch auf die Schwäne aufmerksam. Schwäne? Gibts doch bei uns auch. Aber sie meinte diese Art gäbe es nur noch hier und das sei ganz etwas besonderes. Und tatsächlich, bei Prüfung im nächsten Visitor Center stellte sich heraus, dass es sich um Trompeter Schwäne handelt. Diese waren vor 50 Jahren fast ausgestorben und der Bestand erholt sich inzwischen durch umfangreiche Schutzmassnahmen wieder. Also ein Tier, dass wir gar nicht auf unserer Liste hatten.
Weiter ging es in Richtung Lake Hotel und schon wenige Minuten nach dem Weisskopfseeadler stockte der Verkehr. Grund war eine Herde Bisons die links und rechts der Strasse weidete. Einzelne Tier überquerten immer wieder die Strasse und eine einzelne Rangerin versuchte gleichzeitig die Tiere von der Strasse zu halten und die Touristen zum Weiterfahren zu bringen. Beides mit grösstem Misserfolg und bald gab sie auf und fuhr einfach weg. Wir genossen das Schauspiel, diese riesigen Tiere aus der Nähe zu beobachten.
Wir konnten uns nur schwer losreissen und mal wieder müssen wir die Geduld der Amis bewundern. Alle waren sehr relaxt und warteten geduldig in der Auto-Schlange auch wenn man mal zwei Minuten stehen blieb wurde keiner ungeduldig. Irgendwann mussten wir dann aber doch weiter und zum Lake fahren. Hier wollten wir nur schnell etwas essen und dann wieder die gleiche Strecke zurück um noch mehr Tiere zu sehen.
Nach dem schlechtesten Caesar's Salat aller Zeiten fuhren wir also wieder zurück Richtung Norden. Und wieder dauerte es nicht lange, bis wir auf ein Auto am Strassenrand mit aufgeregten Touristen stiessen. Inzwischen war der Verkehr deutlich weniger geworden. Es war schon gegen 19 Uhr und die meisten hatten den Park verlassen. Die Gruppe hatte nun tatsächlich einen Bär gesehen. Weit weg zwar, aber durch die Vergrösserung des Fotoapparats deutlich erkennbar. Der Bär hatte grade Beute gemacht (wohl ein Elch) und frass jetzt genüsslich daran. Ein netter Amerikaner der sich wohl auskannte und selber auch schon gejagt hatte erklärte mir, dass es sich um einen für diese Region aussergewöhnlich grossen Grizzly handelte. Was für ein Glück. Andächtig beobachteten wir dieses mächtige Tier, bis es dann nach einer ganzen Weile von dannen trottete. Ein tolles Erlebnis, auch auf diese Entfernung.
Nach so viel Glück hofften wir dann aber vergeblich auf weitere Treffer. Wir sahen nur immer wieder Büffel, ob am Strassenrand oder in den Ebenen oder Tälern. Das machte uns aber nichts mehr aus und wir fuhren, als es dann dunkel wurde, sehr müde aber auch sehr zufrieden nach Hause.
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