19. Oktober 2017
Für die Geschichtslehrerin unter den Lesern heute mal ein Tag mit amerikanischer Geschichte. Kein Ort in den USA ist so sehr mit der Einheit der Bundesstaaten verbunden wie Gettysburg. Hier fand der amerikanische Bürgerkrieg seine entscheidende Wendung. Die Nordstaaten und Südstaaten befanden sich im erbitterten Sezessionskrieg. Nachdem Lincoln zum Präsidenten gewählt wurde, trat zuerst South Carolina und danach noch weitere Süd-Staaten aus den Vereinigten Staaten aus und gründeten einen eigenen Staat. Daraufhin kam es zum Krieg in dem es vor allem um die Frage der Sklaverei ging. In Gettysburg stand der entscheidende Schlag der konförderierten Armee kurz bevor. Nach zwei Tagen erbittertem Kampf waren die Südstaaten auf der Siegerstrasse und hätten beinah die Nordstaaten Armee besiegt. Beim entscheidenden Angriff setzten sie alles auf eine Karte und verloren, denn die Unions-Armee der Nordstaaten konnte sie dann doch noch entscheidend schlagen. Obwohl der Krieg danach noch zwei Jahre weiter ging, war diese Schlacht bei Gettysburg zum einen die verlustreichste mit ca. 11'000 Toten und 50'000 Verwundeten und zum anderen die Wende in diesem Krieg, welche später zum Sieg der Nordstaaten führte. Soviel kurz zur Theorie.
Zuerst hiess es aber mal wieder die Koffer ins Auto und hinfahren. Im Hotel in Hershey hatten wir das Frühstück dabei, wie in etwa der Hälfte der Hotels. Das Frühstück ist zwar komplett anders als bei uns, aber wir mögen es. Die einzige Gemeinsamkeiten sind Rührei, Orangensaft und Kaffee, obwohl der Kaffee nicht geniessbar ist. Deshalb bringen wir einfach unseren eigenen mit. Ansonsten gibt es Waffeln, Bagel, aber auch Cornflakes und gebratene Wurst. Das einzige woran man sich gewöhnen muss, ist das Plastikgeschirr. Das hatten wir zwar nicht immer, aber doch bei ca. der Hälfte. In Sachen Umweltschutz und Müllvermeidung müssen sie hier noch einiges lernen, aber die Waffeln mit Ahornsirup werden wir sehr vermissen
Die Fahrt nach Gettyburg ging dann relativ zügig und wir begaben uns erstmal zum Visitor Center. Das ist in allen Parks und bei allen Sehenswürdigkeiten immer der Ausgangspunkt. Da die Schlacht drei Tage dauerte und an verschiedenen Orten ringsum Gettysburg stattfand, gibt es verschiedene Touren zu den einzelnen Orten, in der Reihenfolge der einzelnen Kämpfe. Vom ersten Scharmützel bis zur entscheidenen Niederlage der Südstaaten. Wir wollten aber keine geführte Tour machen, da die nicht unter drei Stunden dauert und uns das Ganze auch nicht bis ins letzte Detail interessierte.
Eigentlich hatten wir vor die "Self-guided" Auto Tour zu machen, aber zunächst kauften wir mal Tickets für ein Package: kurzer Film über die Schlacht, Besichtigung des Cyclorama, eines riesigen 360 Grad Gemäldes und Eintritt ins Museum. Das war dann auch genau das Richtige. Sehr informativ und interessant. Das riesige Gemälde war wirklich beeindruckend. Es wurde schon im 19. Jahrhundert gemalt und sieht nach der Restaurierung aus wie neu. Ansonsten ist es schon etwas komisch zwischen all diesen Amerikanern zu sitzen. Viele Männer haben Base Caps an mit der Aufschrift Veteran ... Korea War... Vietnam War etc. Für die hat alles militärische eine Bedeutung, die wir kaum nachvollziehen können. Beurteilen ob das jetzt Helden sind oder nicht, müssen wir zum Glück nicht, aber immerhin haben sie für ihr Land in Kriegen gekämpft, die sie ja auch nicht selber angefangen haben. Also ist zumindest Respekt angebracht.
Im Museum gab es dann viele Original Gegenstände wie Zelte, Uniformen und Waffen zu sehen. Das Ganze war auch sehr gut aufgebaut im zeitlichen Ablauf des Krieges und der Schlacht. Danach hatten wir dann aber auch genug von Helden und Kriegen. Als Deutschem und Europäer fehlt irgendwo die Kritik und der Frieden dazwischen. Hier werden alle zu Helden stilisiert und die Ehre und der Ruhm stehen über allem. Im Gift-Shop gibt es dann viel mit Flagge und Kanonen und für die Kinder Gewehre und die Schlacht zum Nachspielen. Die Autotour haben wir dann gestrichen und sind einfach zu einem der letzten Schlachtfelder gefahren. Hier stehen überall Denkmäler, die jeder Bundesstaat seinen Truppen gestiftet hat. Am Ende der Strasse dann noch ein Aussichtsturm, von dem man über das Schlachtfeld bis zur Stadt sehen kann.
Wir haben dann Gettysburg selbst noch einen kurzen Besuch abgestattet. Ein hübsches Städtchen mit alten Häusern und schönen Läden und Restaurants. Es dreht sich aber auch hier alles um die Schlacht und ums Militär.
Nach der kurzen Besichtigungstour ging es jetzt weiter Richtung Washington. Man muss dazu sagen, dass es inzwischen wieder richtig heiss war. Um die 23 bis 25 Grad, aber die Sonne hat noch richtig Kraft und es ist eher wie Anfang August als zweite Hälfte Oktober. Da waren wir dann ganz froh, die Klima-Anlage im Auto zu haben.
Je näher wir dann Richtung Washington kamen, desto dichter wurde der Verkehr. Wenn in beide Richtungen je vier Spuren sind und auf allen acht Spuren läuft es nur sehr langsam, sieht das schon nach sehr vielen Autos aus. Die Fahrt nach Washington rein war dann etwas nervenaufreibend. Mein Gratis-Navi hat uns zuverlässig durch die ganze Reise gebracht, aber in grossen Städten vergisst es manchmal die richtigen Spuren anzugeben, was bei fünf Spuren schon anstrengend ist. Aber wir haben aber nur einmal eine Ausfahrt verpasst und kamen dann doch recht gut bei unserem Hotel an.
Beim Hotel haben wir einen echten Glücksgriff gemacht. Die grossen Städte sind Hotel-mässig ziemlich teuer, aber wir konnten hier zu einem akzeptablen Preis sogar ein fünf Sterne Hotel buchen, das so zentral liegt, dass wir in Washington alles laufen können. Das Watergate Hotel liegt im Watergate Komplex. Der Skandal darum hat ja damals Nixon zu Fall gebracht. Das Hotel liegt direkt am Potomac (dem Fluss durch Washington). Wir waren dann auch erstmal in dem schönen Pool schwimmen und sind am Abend in die roof-top Bar gegangen. Das Hotel hat 14 Stockwerke, also nicht grad Wolkenkratzer Dimensionen, aber das Bier schmeckt mit dieser fantastischen Aussicht über den Potomac doch viel besser. Es war auch am Abend noch ziemlich warm, so dass ich im T-Shirt zumindest nicht gefroren habe. Zum Schluss wurde es dann lediglich etws frischer. Pausenlos kamen die Flugzeuge im Lande-Anflug an uns vorbei und ständig kreisten überall Hubschrauber. Hauptstadt halt. Wieder ein Tag mit vielen Eindrücken und einem schönen Ende auf dem Dach unseres Hotels